Ist es wirklich nur ein Vorurteil, dass Frauen wegen ihrer Hormone öfter schlechte Laune haben? Von welchen Hormonen wird die Frau beeinflusst und in welcher Art und Weise? Und was haben männliche Hormone in ihrem Körper zu suchen?
Hormone haben lebenswichtige Aufgaben, denn sie fungieren als Botenstoffe, die durch unseren Blutkreislauf in jeden Teil unseres Organismus vordringen. So beeinflussen sie unsere körperliche, psychische und emotionale Gesundheit.
Während andere Hormone im Körper vollkommen unauffällig ihre Aufgaben erledigen, bekommt Frau die typisch weiblichen Botenstoffe immer wieder zu spüren – und zwar von der Pubertät bis zu den Wechseljahren.
Da wäre an erster Stelle das Hormon Östrogen zu erwähnen, ein Sexualhormon, das im weiblichen Körper eine zentrale, sehr wichtige Rolle spielt. Die Gynäkologin Mariyana Despodova, Oberärztin in der Frauenpraxis KSA am Bahnhof Aarau, erklärt: «Östrogen wird vor allem in den Eierstöcken produziert, und es steuert den Menstruationszyklus, wo es primär für den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut wichtig ist, um den Körper auf eine mögliche Schwangerschaft vorzubereiten. Weiter ist es in der Pubertät für die Entwicklung der weiblichen Geschlechtsorgane zuständig sowie für die Reifung der Eizellen während des Monatszyklus’.»
Dieses Hormon hat jedoch noch weitere wichtige Funktionen innerhalb des Körpers, wie die Gynäkologin weiss: «Östrogen erhält die Knochengesundheit und schützt vor Osteoporose, einer Krankheit, bei der die Knochendichte abnimmt. Ausserdem hält es die Blutgefässe elastisch, senkt den Blutdruck und schützt vor Ablagerungen in den Arterien.» All dies sind Aspekte, die man ganz besonders während den Wechseljahren beachten muss, wo der Körper die Östrogenproduktion deutlich reduziert. Damit steigt das Risiko für Osteoporose sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Weitere typische Symptome eines Östrogenmangels sind Hitzewallungen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Kopfschmerzen oder Migräne, Haut- und Haarveränderungen sowie Scheidentrockenheit.
Auch auf die weibliche Psyche hat Östrogen einen erheblichen Einfluss – und damit wären wir bei den meist spürbaren monatlichen Auswirkungen dieses Hormons: Wenn der Östrogenspiegel rund um den Eisprung hoch ist, fühlen sich die Frauen generell besser, denn Haare und Haut sehen dann besonders schön aus. Sinkt das Östrogen kurz vor und während der Menstruation ab, wirkt sich das bei vielen Frauen negativ auf die Psyche aus: Man fühlt sich müde, gereizt, leidet unter Kopfschmerzen, Wassereinlagerungen und Migräne bis hin zu depressiven Verstimmungen. Man kennt diese Nebenwirkungen auch als PMS (Prämenstruelles Syndrom).
An dieser psychischen Verstimmung ist aber nicht nur das Hormon Östrogen Schuld – auch der Anteil am Hormon Progesteron ist in dieser Zyklusphase extrem niedrig und trägt zu PMS bei. Denn nachdem in der ersten Zyklushälfte vor allem das Hormon Östrogen angestiegen und die Follikelreifung in den Eierstöcken sowie den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut unterstützt hat, ist nach dem Eisprung nun das Progesteron am Zug. Progesteron gehört zu den Gestagenen und wird in der zweiten Zyklushälfte vom Gelbkörper in den Eierstöcken gebildet. Mariyana Despodova klärt auf: «Das Hormon Progesteron wird von der ehemaligen Eihülle, die sich in den sogenannten Gelbkörper verwandelt, gebildet. Die Aufgabe von Progesteron ist es, die Gebärmutterschleimhaut zu lockern und für eine optimale Durchblutung zu sorgen, damit sich eine befruchtete Eizelle möglichst gut einnisten kann und eine Schwangerschaft entsteht. Bleibt die Befruchtung aus, sinkt der Progesteronspiegel deutlich ab und es kommt zur Monatsblutung.»
Kommt es zu einer Schwangerschaft, muss die Produktion von Progesteron noch einmal deutlich angekurbelt werden, um die Gebärmutterschleimhaut weiter zu stärken und die Gebärmuttermuskulatur zu entspannen, damit keine vorzeitigen Wehen entstehen. Die Progesteronproduktion wird dann etwa ab der 12. Schwangerschaftswoche komplett von der Plazenta übernommen.
Während den Wechseljahren sinkt der Progesteronspiegel, was vollkommen natürlich ist. Hat man jedoch in jüngeren Jahren einen Progesteronmangel, zeigt sich dieser unter anderem in Menstruationsstörungen wie zu starken oder häufigeren Blutungen oder Schmierblutungen. Auch das prämenstruelle Syndrom (PMS) kann in direktem Zusammenhang mit zu wenig Progesteron stehen, genauso wie Schwellungen der Brüste oder Wassereinlagerungen in den Beinen. Zudem kann sich die Unfruchtbarkeit erhöhen, da sich eine Eizelle nicht einnisten kann. Damit erhöht sich auch das Risiko für Fehlgeburten.
Ein Mangel an Progesteron lässt sich mit entsprechenden Medikamenten gut therapieren.
Während man von Östrogen und Progesteron schon mal gehört haben dürfte, ist das Follikelstimulierende Hormon (FSH) wahrscheinlich den meisten unbekannt. Wie der Name schon sagt, stimuliert es das Wachstum der Eibläschen, der sogenannten Follikel, in den Eierstöcken. Das FSH wird von der Hirnanhangdrüse, der sogenannten Hypophyse, freigesetzt, und leitet das Wachstum des Eibläschens und die Reifung der Eizelle ein. Die gute «Kommunikation» zwischen den beiden Hormonen FSH und Östrogen sorgt dafür, dass pro Zyklus meist nur eine Eizelle heranreift, die befruchtet werden kann.
Auch dieses Hormon dürfte den meisten unbekannt sein. Es wird ebenfalls in der Hypophyse gebildet, wie das FSH. Die beiden Hormone kontrollieren die Reifung der Eizellen und LH ist das Hormon, das für den Eisprung verantwortlich ist. Wie funktioniert das? Der LH-Wert ist während des gesamten Zyklus’ relativ niedrig, bis er etwa 24 bis 36 Stunden vor dem Eisprung rasant ansteigt und es zur höchsten LH-Konzentration kommt. Dieser LH-Wert kann im Blut oder Urin gemessen werden. Gerade im Fall eines Kinderwunsches kann man so feststellen, ob der Eisprung stattfindet oder kurz bevorsteht.
Dieses Hormon kennen wir vor allem als männliches Hormon. Doch es spielt auch im Körper der Frau eine wichtige Rolle, vor allem im Zusammenhang mit der Muskelmasse, dem vorhandenen Energielevel sowie der Libido. Im Umkehrschluss bedeutet ein Mangel an Testosteron, dass Müdigkeit, weniger Muskelkraft und Libidoverlust auftreten können. Ein Übermass an Testosteron wiederum führt zu vermehrtem, unerwünschtem Haarwuchs, Akne und Zyklusstörungen. Daher ist es auch für Frauen essenziell, dass dieses Hormon im Gleichgewicht bleibt.
Der Körper muss stets als Ganzes betrachtet werden. Daher kann ein Ungleichgewicht der Hormone nicht nur durch die typisch weiblichen Hormone ausgelöst werden, sondern zum Beispiel auch durch eine Fehlfunktion der Schilddrüse oder durch das im Gehirn produzierte Prolaktin. Um herauszufinden, ob die eigenen Hormone aus dem Gleichgewicht geraten sind, was nicht nur in den Wechseljahren geschieht, sondern bereits deutlich früher auftreten kann, hilft eine detaillierte Hormonanalyse beim Arzt.
Um den Hormonhaushalt wieder ins Gleichgewicht zu bringen, wird eine entsprechende, individuelle Therapie ausgearbeitet und umgesetzt. Mariyana Despodova sagt dazu: «Ob körperliche oder psychische Anzeichen für ein hormonelles Ungleichgewicht vorliegen – eine Analyse lohnt sich auf jeden Fall, um Gewissheit zu erhalten, ob die Ursache tatsächlich im Hormonhaushalt zu finden ist. Ist dies der Fall, kann bei Bedarf sowohl mit natürlichen, sogenannten bioidentischen Hormonen wie auch mit chemisch hergestellten Hormonen wieder ein Gleichgewicht erreicht werden.»
Die Behandlung mit bioidentischen Hormonen zeigt insbesondere im Bereich der psychischen Ausgeglichenheit sowie einer deutlich verbesserten Schlafqualität gute Ergebnisse. Weiter werden Hitzewallungen und Schweissausbrüche deutlich reduziert und die Minderung des Osteoporose- und Darmkrebs-Risikos sowie der Schutzeffekt gegen Herzinfarkt und Schlaganfall können damit ebenfalls erreicht werden.
Leidet man nur unter leichten Symptomen, braucht es gar nicht so viel, um den Hormonhaushalt im Gleichgewicht zu halten. Auch hier gilt in erster Linie, dass man vor allem auf einen gesunden Lebensstil achten sollte. Dazu gehört eine gesunde, ausgewogene Ernährung, genügend Schlaf, regelmässige Bewegung, und nicht zu viel Stress. Weitere Massnahmen erfahren Sie im Beitrag «Hormone natürlich regulieren».